We met in the stairway – Depression

Nyx kommt nach einem Termin beim Hautarzt zu Hause an. Sie sind müde und frustriert. Es ist etwa der achte Termin in den letzten drei Monaten und noch immer ist ihre Krankheit nicht geheilt. Vor diesem Arztbesuch waren sie voller Hoffnung, dass es nun endlich überstanden ist. An sich war die Krankheit körperlich nicht allzu schlimm, jedoch haben die sozialen Stigmata und das Wissen über die hohe Ansteckungsfähigkeit einen starken negativen Einfluss auf Nyx’ Psyche. Zudem hat sie das Gefühl befallen, dass ihr Körper aus der eigenen Kontrolle geraten ist, jetzt da er von einer ungewünschten parasitären Lebensform bewohnt wird. Nyx hat sich die Krankheit durch unglückliche Umstände geholt und nicht etwa durch Fahrlässigkeit, was die Situation umso ungerechter macht. Die verfügbaren Medikamente, welche dagegen verschrieben werden, waren bislang nicht erfolgreich und so entfremdet sich Nyx von ihrem Körper mit jeder fehlgeschlagenen Behandlung weiter und weiter. Dies hängt auch damit zusammen, dass die Körper ihrer Mitmenschen auf Distanz gehalten werden müssen, um keine Ansteckung zu riskieren. Nichts wäre schlimmer für Nyx, als jemandem, die oder den sie gerne haben, ähnlich traumatische Erfahrungen aufzubürden. 

In der Jugend war Nyx dem eigenen Körper sehr fern, er funktionierte gewissermassen nur als Instrument des Bewusstseins. Dinge wie Ernährung und Sport dienten vielmehr der Energieversorgung und dem Spass, als der Gesundheit. Mit dem Erwachsenwerden kamen sie dem Körper jedoch näher, was auch mit Erfahrungen zusammenhing, in welchen sich parallel zu einem physischen Leiden auch Nyx’ emotionalen Zustand berührt wurde. Es wurde ihnen bewusst, dass ihr Körper und Geist inhärent verknüpft sind und sich Schmerzen am einen Ende fast immer von Leiden am anderen begleitet werden. Jedoch macht es kaum Sinn von einer Dichotomie zu sprechen, da Nyx alles an sich, also physisch, metaphysisch wie psychisch als Teil eines verstrickten, fluiden Organismus wahrnimmt. Dazu gehören auch die Beziehungen zu anderen Menschen. Trotzdem sind duale Konzepte, wie beispielsweise diejenige von Körper und Geist, tief im menschlichen Denken verankert und machen unter anderem auch auf linguistischer Ebene Sinn, da Sprache nur durch Unterscheidung möglich ist. Worte, Begriffe, Kategorisierungen und Konzepte sieht sie als mentale Instrumente der Menschen, um die Strukturen, die sie mehr oder weniger unbewusst geschaffen haben, verstehen zu können. Wie erfolgreich das gelingt,sei dahingestellt. 

Was Nyx mit Sicherheit weiss, ist dass ihr Körper von einer Krankheit befallen ist und sie seit der ersten Diagnose vor drei Monaten keine Nähe eines fremden Körpers mehr spüren konnten. Sie mögen Körper generell sehr und sind davon überzeugt, dass der Kontakt mit anderen, sei es durch versehentliche physische Aufeinandertreffen, Umarmungen, Tanzen, Kuscheln oder Intimität, immens wichtig für ihr eigenes seelisches Wohlbefinden ist. Die physische Existenz der Anderen gibt auch der eigenen eine Grenze und wird damit zu einer Realität. Das Ich lässt sich damit auf physischer Ebene spätestens dort abgrenzen, wo der nächste physische Körper beginnt. Diese Trennung verhält sich in Nyx’s Idee der Metaphysik jedoch anders. Das Selbst ist bei weitem nicht so klar abgetrennt und durch geteilte Gedanken und Aktionen kann ein kollektives Ich entstehen. Gegenteilig dazu kann es passieren, dass der eigene Körper nicht als Ich wahrgenommen wird, wenn er sich fremd anfühlt, also eine innere Dissonanz dazu entstanden ist. In diesem Zustand befindet sich Nyx momentan. Weder haben sie physischen Kontakt, noch irgendeinen anderen mit anderen Personen. Dies resultiert in einem Gefühl der Abwesenheit und Leere in Nyx. Das Etwas, das durch Kontakt mit anderen Wesen genährt wird, fühlt sich an, als würde es allmählich verhungern. 

Nyx sitzt auf ihrem Zimmerboden mit dem Rücken an die Türe gelehnt und schaut ihr Bett an, welches ihr Domizil des Rückzugs, der Ruhe, Gemütlichkeit und Vertrautheit war. Ein Ort, welcher nur mit den vertrautesten Personen geteilt wurde und die Erinnerungen vieler wunderschöner Momente in sich trägt. Nun ist das Bett zum Ort der Krankheit, dem ersten Erkennen davon, sowie der präsentesten Momente des Ausbruchs, zumeist mitten in der Nacht, geworden. Der Ort der Insomnie und des nächtlichen Strudels der paranoiden Gedanken, ähnlich einer Art Wahnsinn, der als Nebenprodukt der überwältigenden Beschwerden entsteht. Dieser innere Kampf und der fehlende Schlaf sind Grund dafür, dass Nyx müde ist, zu müde, um zu sitzen. Sie legen sich trotz der schlechten Erinnerungen in ihr Bett, um etwas Erholung zu finden. 

Verwundert schaut Nyx die sechs Finger an ihrer Hand an. Nachdem sie gerade noch in einem vollgestopften Raum wild brabbelnder, gesichtsloser Menschen waren, befinden sie sich nun in einem komplett dunkelorange bemalten, rechteckigen Raum mit weissen Querstreifen an den vier Wänden. Ein tinnitus-artiges Geräusch erfüllt den Raum. Mit jedem von Nyx’s Schritten krümmen sich die Querstreifen an ihren äusseren Enden und bewegen sich nach unten. Sobald einer im Boden verschwindet, erscheint von der Decke kommend ein neuer Balken. Zudem erzeugt die Krümmung ein Geräusch, weches an die stöhnende Statik eines alten Holzhauses erinnert. Nyx fühlt sich unwohl im Raum und bewegt sich in die Richtung des anderen Endes, in der Hoffnung dort einen Ausgang zu finden. Gehend kommen sie kaum voran, weshalb sie zu laufen beginnen. Umso schneller sie werden, desto rascher rauschen die Querstreifen über die Wände. Nyx wird zunehmend unruhiger und will dem Ganzen umso mehr entkommen, weshalb sie zu sprinten beginnen. Die Streifen sausen nur noch so  die Wände herab. Die Krümmung nimmt ebenfalls zu und so entsteht durch die schnelle Bewegung eine Art visueller Rotationseffekt. Der Raum scheint dadurch nicht mehr quadratisch sondern rund zu sein. Nyx verliert die Orientierung darüber, von wo aus sie losgelaufen sind und in welche Richtung sie wollten. Zudem ist das Tinnitus-Geräusch mit dem Balkenstöhnen zu einer überwältigenden Kakophonie verschmolzen. Nyx befindet sich nun im Vollsprint, während sie sich ihre Ohren zuhalten. Sie rennen weiter und weiter, brauchen jedes noch so kleines bisschen Energie in ihrem Körper auf, bis das Quietschen von ihrem pochenden Herz übertönt wird und der verwirrende Raum hinter einem Mantel aus Tränen und Schweiss zum unscharfen Hintergrund verschwimmt. Nyx bleibt überfordert und komplett ausgelaugt stehen, sie mögen keinen einzigen weiteren Schritt mehr gehen und sacken auf den Knien zusammen. Sie halten sich die Ohren zu, die Augen sind ebenfalls geschlossen. Sie lassen ihren Kopf frontal auf den Boden sinken. In ihrem Rachen schmecken sie einen bleiartigen Geschmack und ihre Schläfen pochen so laut, dass die Ohren schmerzen. Nyxs Atmung ist vielmehr ein erschöpftes Hecheln, welches sich ab und an überschlägt.  Um ihre Atmung zu beruhigen, füllen sie ihre Lunge langsam durch die Nase mit Luft und atmen diese ruhig wieder durch den Mund aus. Dabei spüren sie, wie sich ihr Oberkörper ausdehnt und wieder in sich zusammenfällt. Langsam beruhigt sich Ihr Körper wieder. 

Nyx öffnet die Augen und Ohren, setzt sich auf und stellt fest, dass sie sich nun in einem Gang befinden. Sie blicken sich um und sehen hinter sich einen Stuhl stehen. Dahinter erkennen sie eine Treppe, genau wie am anderen Ende des Gangs, und beide führen nach unten, obwohl Nyx sich sicher ist, dass der Gang sich in einem Untergeschoss befindet. Der lange Raum strahlt eine bedrückende Tristesse aus, unter anderem ist dies den dunkelgrauen, verlebten Betonwänden geschuldet, welche von einer hellen, leicht flackernden LED Glühbirne beleuchtet werden. Nyx läuft in Richtung einer der Treppen. Sie spüren ein Kribbeln im Bereich ihres Solarplexus. Dieses wird kontinuierlich stärker. Langsam nehmen sie ihre Hände hoch, eine nach vorne, die andere nach hinten und strecken sie soweit weg von sich wie möglich. Das Kribbeln wird immer intensiver, so sehr, dass sie es auf ihrem ganzen Körper und sogar in jeder einzelnen Pore ihrer Haut spüren. Um dem Stand zu halten, spannen sie ihre Bauchmuskeln an und atmen weiterhin ruhig und konzentriert. Das Gefühl wird zunehmend stärker, bis es mittlerweile beinahe an Schmerz grenzt. Nyx hat das Gefühl, dass sich eine Explosion in ihnen zusammenbraut, welche die gesamten Skelettknochen aus der Haut sprengen würden. Sie legen den Kopf nach hinten. Das Gefühl ist mittlerweile unfassbar intensiv, es fühlt sich an, als wären Millionen von roten Ameisen in ihrem Körper. Um das ertragen zu können, spannt Nyx ihren Körper noch weiter an. Ihr ganzer Körper arbeitet mit aller Konzentration,um das Gefühl ertragen zu können. Dabei schreit Nyx in voller Lautstärke in einem hellen Ton auf. Das steigende Kribbeln, die Anspannung und der helle Schrei zerfliessen zu einer einzigen, überwältigenden Sensation. Weder spürt Nyx eine klare Unterscheidung zwischen der Umwelt und sich, noch wissen sie, wie lange sie bereits schreien. Sie wissen nicht einmal, ob sie tatsächlich noch schreien oder der Klang ihrer Stimme nur in ihren Gedanken nachhallt. Die physische und mentale Anstrengung bringt Nyx an die Grenze des Ertragbaren. 

Plötzlich spürt Nyx eine erste kleine Emotion der Befreiung, einen Riss in der Hülle des Deliriums. Aus einer ihrer Poren spüren sie etwas hinauskriechen, unterstützt von der Anspannung ihres Körpers. Nyx braucht nun ihre ganze verfügbare Kraft, während sie so laut schreien, dass das Versagen der Stimmbänder schon hörbar ist. Sie spüren, wie sich eine Pore nach der anderen öffnet, etwas hinauskriecht, und sich danach wieder entspannter schliessen. Für einen Moment öffnen sie die Augen einen Spalt und sehen, dass etwas Leuchtendes im Gang herumfliegt. Diese Ablenkung stoppt jedoch die Konzentration und damit den Fortschritt, weshalb Nyx die Augen erneut schliesst. Sie atmen einmal tief ein und schreien erneut gegen die Erschöpfung und Anspannung an. Ihr Körper befindet sich dabei im unerträglich schmerzhaften Zustand eines anhaltenden Krampfs. Schweisstropfen laufen über ihre Stirn, via Wangen zum Kinn, wo sie auf den Boden tropfen. Nach und nach befreien sich Nyxs Poren und sie spüren, wie langsam nach und nach die Entspannung des ganzen Körpers einzusetzen beginnt. Ein Gefühl, das sie schon sehr, sehr lange nicht mehr spürten.

Langsam traut sich Nyx, die Augen zu öffnen. Sie sind erneut auf ihren Knien zusammengebrochen, können sich dabei kaum an die letzten Minuten erinnern. Ihre geschlossenen, tränenden Augen brennen vom Schweiss in den Augenwinkeln. Allmählich öffnen sie ihre Augen, doch noch ist alles schummrig. Sie befinden sich wohl im selben Gang wie zuvor, jedoch ist das einzelne LED-Licht an der Decke nicht mehr zu sehen. Vielmehr wird Nyx klarer werdender Blick überwältigt von tausenden kleinen Lichtlein, welche durch den Raum fliegen. Ihr Blick gewöhnt sich an die Helligkeit und wird klar. Durch den Gang fliegen tausende leuchtende Schmetterlinge. Nyx schaut den leuchtenden Insekten mit grosser Freude zu, während sich ihr Körper so wohlig und ausgeruht anfühlt, wie schon lange nicht mehr. Sanft legen sie die Arme an die eigenen Hüften und spüren, wie sie nach hinten fallen und in ihr kuschliges weiches Bett sinken. Ihr Bewusstsein erlischt beinahe sofort in der beruhigenden Dunkelheit eines tiefen Schlafs.  

A day in bed  

It is a day 
I wanna hear the rain 
Laughing loving faces sprout again 
As do plants and fruits
A good 
vibe, 
dandelion dance 
would lead to park and beer 

But i stay here in my bed 
„You have to go out, enjoy the weather“, it‘s said
„But why – does it make people better?“ I ask 
„Maybe not, but happier“, they say.
Okay.

It‘s a beautiful day, but all I wanna do 
is stay 
in my bed, my bad, 
that I‘m still tired 
of 
long days, long nights, 
far from sleep 
but not awake 
No screams, nor whisper
though a fake feeling 
comes along my dreams. 

Distant sounds of social bunches 
babies, birds 
and humming cars 
are amplified 
by the window’s frame, 
that plays the soundscape of the everyday. 

It’s time again to forget time
Stay warm, 
atmosphere calm. 
They leave the park,
asphalt keeps the sun alive
while people strive 
for closeness in the dark. 

It‘s night.
Only street-lamps remain humming, 
open windows, thirsty mosquitos.
Sleepless hours are clear and quiet,
so quiet, that one’s mind fills the void.   

Still in bed, in a hot humid room. 
Haunting pictures tear my fantasy apart, 
not close enough to grasp, too far to last.
Sweaty body dripping into wet linen
while
the ming-ling mind 
o-ver move-less ma-tter
makes ma-noeuvring 
more then miserable. 

Break the s-silent noise and 
break the s-silence.
Window open wide
hum- humid
silent night 
it’s late 

All I wanna hear 
is rain.